Geomechanisches Modell von Deutschland

Der rezente Spannungszustand in der oberen Kruste ist für viele geotechnische Anwendungen und wissenschaftliche Fragestellungen von großer Bedeutung. Allerdings ist die Informatiosdichte für Deutschland bisher überschaubar. Es gibt im Wesentlichen zwei Datenkompilationen die Informationen über das tektonische Spannungsfeld zur Verfügung stellen. Die World Stress Map (WSM, Heidbach et al., 2018) die hauptsächlich Informationen über die Orientierung der größten horizontalen Hauptspannung (SHmax) und das Spannungsregime bereitstellt und eine Spannungsmagnitudendatenbank. Allerdings liefern diese Daten oftmals nur punktuelle, unvollständige und heterogene Information des 3D Spannungstensors.

Übersicht über das Modellgebiet und die verfügbaren Datensätze. Die grauen Punkte zeigen Orte an denen Spannungsmagnituden verfügbar sind (Morawietz et al., 2020), die farbigen Striche geben die Orientierung der größten horizontalen Hauptspannung (SHmax) und das Spannungsregime an (WSM, Heidbach et al., 2018).

Eine Möglichkeit der flächendeckenden Spannungsprognose trotz schlechter Datenlage bieten geomechanisch-numerische Modelle. Solche Modelle die an verfügbaren Spannungsmagnituden kalibriert werden, ermöglichen eine Kontinuumsmechanik basierte Prognose des vollständigen Spannungstensors. Im Zuge des SpannEnD Projektes wurden zwei Modelle (Ahlers et al., 2021, 2022) mit zunehmender numerischer und geologischer Auflösung erstellt. Die 3D Modelle erstrecken sich über 1000 x 1250 km2 und bis in 100 km Tiefe. Das aktuellere Modell umfasst 22 Einheiten, mit individuellen Materialeigenschaften (Dichte, Poissonzahl und E-Modul).

Workflow der 3D geomechanischen Modellierung.

Das Modell wird anhand der Magituden der minimalen (Shmin) und maximalen horizontalen Hauptspannung (SHmax) kalibriert. Die Ergebnisse zeigen eine gute Übereinstimmung mit den Shmin Magnituden mit einem Mittelwert der absoluten Differenzen von 4.6 MPa. In den oberen 1,5 km unterschätzen die Modelleregbnisse jedoch tendenziell die Kalibrierungsdaten.

Kalibrierungsergebnisse des Modells für die Shmin Magnituden von Morawietz et al. (2020). Die Differenzen werden als Modellergebnisse minus Kalibrierungsdaten berechnet. (a) Tiefenverteilung der Abweichungen (b) Räumliche Verteilung der verwendeten Kalibrierungsdaten. Die Nummern geben die Anzahl der Daten je Ort an. (c) Histogramm der Abweichung.

Die Ergebnisse der SHmax Magnituden zeigen ebenfalls eine gute Übereinstimmung mit einem Mittelwert der absoluten Differenzen von 6,4 MPa auch wenn die Streuung der Differenzen etwas höher liegt als bei den Shmin Magnituden.

Kalibrierungsergebnisse des Modells für die SHmax Magnituden von Morawietz et al. (2020). Die Differenzen werden als Modellergebnisse minus Kalibrierungsdaten berechnet. (a) Tiefenverteilung der Abweichungen (b) Räumliche Verteilung der verwendeten Kalibrierungsdaten. Die Nummern geben die Anzahl der Daten je Ort an. (c) Histogramm der Abweichung.

Auch die Übereinstimmung mit gemittelten Orientierungen von SHmax aus der WSM liegt mit einem Mittelwert der absoulten Abweichung von 11.9° innerhalb der Unsicherheiten der besten Qualität (A, 15°) und die Ergebnisse liegen ausnahmslos innerhalb der Standardabweichung der gemittelten Orientierungen.

Orientierung von SHmax im zentralen Teil des Modells im Vergleich zu Daten aus der WSM. (a) Orientierung von SHmax aus dem Modell in 5 km Tiefe im Vergleich zu gemittelten Orientierungen aus der WSM und deren Standardabweichung. (b) Relative Abweichungen der Modellergebnisse. (c) Histogramm der Abweichungen.

Die Ergebnisse dieser großskaligen Modelle können für kleinskaligere Modelle, mit höhere deutlich höherer Auflösung, als initialer Spannungszustand verwendet werden.

Skizze wie die Ergebnisse mit Hilfe von mehreren Submodelling Schritten wichtige Randbedingungen für wesentlich kleinere und besser aufgelöste Modelle liefern können.

Referenzen:

Heidbach, O., Rajabi, M., Cui, X., Fuchs, K., Müller, B., Reinecker, J., Reiter, K., Tingay, M., Wenzel, F., Xie, F., Ziegler, M. O., Zoback, M.-L., and Zoback, M.: The World Stress Map database release 2016: Crustal stress pattern across scales, Tectonophysics, 744, 484–498, https://doi.org/10.1016/j.tecto.2018.07.007, 2018.

Morawietz, S., Heidbach, O., Reiter, K., Ziegler, M., Rajabi, M., Zimmermann, G., Müller, B., and Tingay, M.: An open-access stress magnitude database for Germany and adjacent regions, Geothermal Energy, 8, https://doi.org/10.1186/s40517-020-00178-5, 2020.

Publikation:

Ahlers, S., Röckel, L., Hergert, T., Reiter, K., Heidbach, O., Henk, A., Müller, B., Morawietz, S., Scheck-Wenderoth, M., and Anikiev, D.: The crustal stress field of Germany: a refined prediction, Geotherm Energy, 10, https://doi.org/10.1186/s40517-022-00222-6, 2022.

Ahlers, S., Henk, A., Hergert, T., Reiter, K., Müller, B., Röckel, L., Heidbach, O., Morawietz, S., Scheck-Wenderoth, M., and Anikiev, D.: 3D crustal stress state of Germany according to a data-calibrated geomechanical model, Solid Earth, 12, 1777–1799, https://doi.org/10.5194/se-12-1777-2021, 2021.

Kontakt: Steffen Ahlers