Slip Tendency Analyse

Im Bereich von Endlagern sollten weder natürliche noch induzierte Erdbeben auftreten. Da Erdbeben einen Versatz an tektonischen Störungen darstellen, wenn diese unter den richtigen Spannungsverhältnissen reaktiviert werden, ist eine Abschätzung über das Reaktivierungspotential der Störungen wichtig. Die sogenannte Slip Tendency, die sich aus dem Verhältnis der maximalen Scherspannung zur Normalspannung auf der Störungsfläche berechnet, ist ein anerkanntes Verfahren für eine solche Abschätzung. Das SpannEnD-Deutschlandmodell liefert dabei den Spannungstensor, der zur Berechnung der Scher- und Normalspannungen benötigt wird.

Zusätzlich werden Informationen über die Geometrie der tektonischen Störungen benötigt, für die die Slip Tendency (Morris et al. 1996) berechnet werden soll. Auf Grundlage verschiedener Kriterien wurden 60 Störungen ermittelt, die (im Rahmen des SpannEnD Projekts) besonders relevant erscheinen. Für diese Störungen wurden in Abhängigkeit davon, ob es sich bei ihnen um Abschiebungen, Überschiebungen oder Blattverschiebung handelt, einfache Geometrien erstellt. Für eine Auswahl der 60 Störungen wurden zusätzlich seismische Sektionen und geologische Schnitte recherchiert, anhand derer realitätsnähere Geometrien erstellt werden konnten.


Für die 60 ausgewählten Störungen wurden einfache Geometrien erstellt. Die Störungen reichen bis zur Basis der Unterkruste.
Für eine Auswahl der 60 Störungen wurden mithilfe von seismischen Sektionen und geologischen Profilen komplexere Geometrien erstellt.

Der auf die so erstellten Störungsgeometrien übertragene Spannungszustand des Deutschlandmodells ermöglicht die Berechnung der Slip Tendency auf den Störungsflächen. In der Regel liegen die Werte dabei zwischen 0 und 1. Je größer die berechnete Slip Tendency, desto wahrscheinlicher ist die Reaktivierung der Störung und damit das Auftreten eines Erdbebens.

Für die 60 ausgewählten Störungen wurde die Slip Tendency berechnet. Sie ist farbcodiert dargestellt. Die Berechnung erfolgte unter der Annahme eines hydrostatischen Porendrucks.

Die Slip Tendency kann mit der räumlichen Verteilung von Erdbeben verglichen werden. Die Karte zeigt die Slip Tendency der 60 ausgewählten Störungen in einer Tiefe von 8 km, in der Erdbeben häufig auftreten. Dabei korrelieren Regionen mit erhöhter Seismizität prinzipiell mit Regionen erhöhter Slip Tendency.

Die Karte zeigt die Slip Tenency der 60 ausgewählten Störungen in einer Tiefe von 8 km. Zusätzlich sind Erdbeben (Grünthal & Wahlström, 2012) dargestellt, die in der Vergangenheit auftraten. Die Erdbeben sind in Abhängigkeit ihrer Momentmagnitude farbcodiert.

Kontakt: Luisa Röckel

Referenzen:

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Grünthal, G., and R. Wahlström (2012): The European-Mediterranean Earthquake Catalogue (EMEC) for the last millennium. J. Seismol., 16(3), 535-570, https://doi.org/10.1007/s10950-012-9302-y

Morris, Alan; Ferrill, David A.; Henderson, D. Brent (1996): Slip-tendency analysis and fault reactivation. In: Geology 24 (3), S. 275. https://doi.org/10.1130/0091-7613(1996)024%3C0275:STAAFR%3E2.3.CO;2

Publikation:

Röckel, L., Ahlers, S., Müller, B., Reiter, K., Heidbach, O., Henk, A., Hergert, T., and Schilling, F.: The analysis of slip tendency of major tectonic faults in Germany, EGUsphere, https://doi.org/10.5194/egusphere-2022-26, in review, 2022