Kalibrierungsdaten und Erkundungsprogramm
Erweiterung des Modellierungstools FAST Calibration v2.0
Ein wichtiger Schritt bei der geomechanischen Modellierung des 3D in-situ Spannungszustands ist die Ermittlung der seitlichen Verschiebungsrandbedingungen, die mit den punktweisen Messungen der minimalen horizontalen Spannung Shmin und der Abschätzungen der maximalen horizontalen Spannung SHmax die beste Übereinstimmung ergeben. In einem linearen System, d. h. wenn angenommen werden kann, dass die Spannungs-Dehnungs-Beziehung auf linearer Elastizität basiert, kann die beste Übereinstimmung mit einer Methode der kleinsten Quadrate ermittelt werden. Das Modelleierungstool FAST- Calibration führt diesen Schritt automatisch durch. Das Tool wurde im Rahmen dieser Projektphase aktualisiert (Ziegler et al., 2023a,b) und zusätzlich zur Matlab-Version in einen Python-Code übersetzt (Zielger, 2023a,b). Die folgende Abbildung zeigt das Grundprinzip anhand eines Paares von SHmax– und Shmin-Spannungsmagnitudendatenpunkten. Durch Wiederholen dieses Vorgangs für alle verfügbaren Spannungsmagnituden erhält man eine optimale Randbedingung.

Modellierungen zur optimalen Lokalisierung von Eingabe- und Kalibrierungsdatenpunkten
Geomechanische Modelle werden anhand punktueller Messungen der Spannungsmagnituden kalibriert. Die Erfassung solcher Kalibrierungsdaten ist jedoch kostspielig, sodass sich die Frage stellt, wie viele Datensätze erforderlich sind, um ein robustes Modellergebnis zu erzielen. Um zu untersuchen, wie sich die Anzahl der Kalibrierungsdaten auf die Zuverlässigkeit der modellierten Spannungen auswirkt, verwenden wir einen einzigartigen Datensatz aus der Nordschweiz. Mit diesem Datensatz war es möglich die Mindestanzahl an Kalibrierungsdatensätzen zu ermitteln, ab der zusätzliche Daten die Modellgenauigkeit nicht weiter erhöhen. Die folgende Abbildung erläutert das Grundkonzept. Die Ergebnisse dieser Einzelfallstudie zeigen, dass 16 Datensätze ausreichend sind und weitere Kalibrierungsdaten die Modellgenauigkeit nicht verbessern. Diese Erkenntnis ermöglicht effizientere Standortuntersuchungen und trägt dazu bei, die Kosten und die Komplexität der Untergrunduntersuchungen zu reduzieren, ohne die Verlässlichkeit der Modelle zu beeinträchtigen (Laruelle et al., in review). Mit diesem Konzept ist es auch möglich, Spannungsmessungen zu identifizieren, die zufällig an einer sehr lokalen Anomalie gemessen wurden. Diese sogenannten Ausreißer verzerren die Qualität der Modellvorhersagen. Um solche Ausreißer in den Kalibrierungsdaten systematisch zu identifizieren, haben wir das Python-Tool DOuGLAS entwickelt und dokumentiert (Laruelle und Ziegler, 2025a;b).

Spannungsperturbationen an Störungen und kritische Distanz
Für die Vorhersage des In-situ Spannungszustands in einem ungestörten Gesteinsvolumen ist es wichtig zu quantifizieren, in welcher Entfernung Spannungsperturbationen aufgrund von Störungen im Vergleich zu Spannungsperturbationen aufgrund von Gesteinssteifigkeitsvariabilitäten noch auflösbar sind. Wir verwenden zwei Ansätze: 1. Eine Reihe generischer 3D-Modelle, um zu untersuchen, welche Komponente des Spannungstensors in welcher Entfernung von der Verwerfung beeinflusst wird (Reiter et al., 2024) und 2. Eine Fallstudie aus dem Standortgebiet Zürich Nordost in der Nordschweiz, wo wir über einzigartige Spannungsmagnitudendaten für die Modellkalibrierung verfügen (Velagala et al., in Vorbereitung). Beide Studien konzentrieren sich auf das Fernfeld, das sich Hunderte von Metern von der Verwerfungszone entfernt befindet. Beide Studien zeigen, dass der Einfluss auf die Ausrichtung des Spannungstensors oder die Hauptspannungsgrößen im Fernfeld jenseits von 500 m von der Verwerfung viel geringer ist als beispielsweise der Einfluss der Variabilität der Gesteinssteifigkeit, die ein entscheidender Faktor für die Spannungsvariabilität ist, oder die Unsicherheiten der Messungen und Abschätzungen der Spannungsgrößen, die für die Modellkalibrierung verwendet werden. Die folgende Abbildung zeigt den Einfluss von Verwerfungen auf die SHmax-Orientierung. Die Unterschiede sind kleiner als die Unsicherheiten der Orientierungsmessungen. Dasselbe gilt für die Spannungsgrößen, da der Einfluss von Verwerfungen in größerer Entfernung um eine Größenordnung geringer ist als die zu erwartende Variabilität aufgrund der Verteilung der Gesteinssteifigkeit und der Unsicherheiten bei den Spannungsgrößen.

References:
Laruelle, L. and Ziegler, M. O.: Manual of the Python Script DOuGLAS v1.0, WSM TR, 25-03, 33 pp., https://doi.org/10.48440/wsm.2025.003, 2025.
Laruelle, L. and Ziegler, M. O.: Python Script DOuGLAS v1.0, GFZ Data Services, https://doi.org/10.5880/wsm.2025.003, 2025.
Laruelle, L., Ziegler, M. O., Reiter, K., Heidbach, O., Desroches, J., Giger, S. B., Degen, D., and Cotton, F.: Minimum amount of stress magnitude data records for reliable geomechanical modeling, Rock Physics and Rock Engineering, https://doi.org/10.22541/essoar.175138827.77215704/v1, 2025 [preprint].
Reiter, K., Heidbach, O., and Ziegler, M. O.: Impact of faults on the remote stress state, Solid Earth, 15, 305–327, https://doi.org/10.5194/se-15-305-2024, 2024.
Velagala, L. S. A. R., Heidbach, O., Ziegler, M., Reiter, K., Henk, A., Rajabi, M., Hergert, T., and Giger, S.: Spatial Influence of Faults on the Far-field Stress State, in prep.
Ziegler, M., Heidbach, O., Morawietz, S., and Wang, Y.: Manual of the Matlab Script FAST Calibration v2.4, WSM TR, 23-02, 44 pp., https://doi.org/10.48440/wsm.2023.002, 2023a.
Ziegler, M. O., Heidbach, O., Morawietz, S., and Wang, Y.: Matlab Script FAST Calibration v2.4, GFZ Data Services, https://doi.org/10.5880/wsm.2023.002, 2023b.
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Ziegler, M. O.: Python Script FAST Estimation v.1.0, GFZ Data Services, https://doi.org/10.5880/WSM.2023.001, 2023d.